Neues aus der BVfK-Rechtsabteilung:
BGH zu Käuferrechten bei einem mangelhaften Neufahrzeug.
Instandsetzung oder gleich ein neues Fahrzeug?
Ein neuer BMW X3 sollte es sein. Dieser hatte schließlich einen hohen technischen Standard, verfügte sogar über eine Software, die bei drohender Überhitzung der Kupplung eine Warnmeldung ausspuckte. Dumm nur, dass eben jene Warnung bereits nach wenigen Monaten mehrfach im Display erschien und dem Kunden riet, das Fahrzeug zur Abkühlung der Kupplung besser rechts ran zu fahren. Die Vertragswerkstatt konnte nicht weiterhelfen. Das Fahrzeug sei einwandfrei. Man könne sich nicht erklären, warum ständig die Warnmeldung erfolge, sie könne aber jedenfalls ignoriert werden.
Eine Antwort, die den Kunden weniger zufrieden stellte. Er nahm daher von seinem ursprünglichen Ansinnen, dem Hersteller Gelegenheit zur Nachbesserung zu geben, Abstand und forderte ein neues Fahrzeug. Zwei Instanzen später landete der Fall beim obersten Gericht in Karlsruhe. Der BGH entschied in der Sache aufgrund eines Verfahrensfehlers der Vorinstanz nicht abschließend, nahm aber zu einigen interessanten Fragen Stellung.
Dass das Fahrzeug mangelhaft ist, war für die Richter schnell klar. Ob ein Anhalten zur Abkühlung nun tatsächlich nötig gewesen sei oder eben - wie es die Vertragswerkstatt darstellte - nicht, sei letztlich egal. Eine wiederkehrende Warnmeldung, die den Fahrer zum Anhalten auffordere, sei jedenfalls unüblich und nicht das, was ein Käufer eines Neufahrzeugs erwarten könne.
Der Kunde dürfe auch ein neues Fahrzeug fordern, obwohl er zunächst eigentlich eine Beseitigung des Mangels wollte. Die damalige Aufforderung zur Reparatur sei nicht bindend.
Spannender war da schon die Frage, wie es sich auf die Forderung nach einem neuen Fahrzeug auswirken würde, dass der Mangel des X3 durch ein Software-Update während des Rechtsstreits ohne Zustimmung des Kunden angeblich abgestellt worden ist. Der BGH positionierte sich eindeutig: Der Kunde darf auch dann an seiner Wahl der Nacherfüllung durch Ersatzlieferung festhalten, wenn der Mangel nachträglich ohne sein Einverständnis beseitigt wird.
Letzter Rettungsanker des Verkäufers und der sicher maßgeblichste Aspekt ist dann der Einwand, dass es doch völlig unverhältnismäßig ist, dem Kunden ein neues Fahrzeug zu beschaffen, wenn der Fehler durch ein einfaches Software-Update beseitigt werden kann. Das Gesetz kennt ein solches Verweigerungsrecht des Verkäufers. Ob er davon Gebrauch machen darf, ist von Fall zu Fall verschieden. Der BGH hat den Streit an dieser Stelle an die Vorinstanz zurückgegeben. Die Richter gaben jedoch zu bedenken, dass in dieser Frage nicht allein auf den Kostenaufwand abgestellt werden darf. So müsse z. B. berücksichtigt werden, dass dem Mangel hier schon erhebliche Bedeutung zukomme, weil die Gebrauchsfähigkeit des Fahrzeugs spürbar eingeschränkt sei. Zudem dürfe der Verkäufer die Ersatzlieferung nicht verweigern, wenn sich herausstellen sollte, dass der Mangel durch das Software-Update nicht vollständig, nachhaltig und fachgerecht beseitigt werden könne.
Die Vorinstanz muss hierzu nun erneut verhandeln.
(BGH, Urt. v. 24.10.2018 – VIII ZR 66/17)
Anmerkung der BVfK-Rechtsabteilung:
Der Käufer, der eine mangelhafte Sache erhält, hat grundsätzlich die Wahl, ob er die Sache reparieren lassen oder lieber eine mangelfreie Sache geliefert haben will. Dies gilt für den Kauf von neuen Fahrzeugen uneingeschränkt, bei Gebrauchtfahrzeugen hingegen scheidet die Alternative der Ersatzlieferung regelmäßig aus, weil aufgrund des individuellen Charakters eines Gebrauchtwagens wohl kaum ein hinsichtlich des Zustands, des Alters, der Laufleistung und der Ausstattung gleichartiges und gleichwertiges Fahrzeug gefunden werden kann. Hier kann der Käufer also nur Instandsetzung verlangen. Dass der Käufer an seine einmal getroffene Entscheidung nach Auffassung des BGH nicht gebunden ist, überrascht ein wenig. Dies war von Gerichten und in der Fachliteratur durchaus anders gesehen worden.
Das Argument der überzogenen Kosten für eine Neubeschaffung kennen wir bereits aus den Fällen zum Dieselskandal. Die Mehrkosten sind aber nicht das alleinige Kriterium. Es kommt z. B. auch auf die Bedeutung des Mangels an. Erst wenn alle maßgeblichen Umstände für eine Unverhältnismäßigkeit sprechen, darf der Verkäufer die Ersatzlieferung verweigern.
Abschließend sei in diesem Zusammenhang noch der Hinweis auf einen Umstand erlaubt, der nicht Gegenstand der BGH-Entscheidung gewesen ist. Eine Ersatzlieferung ist für den Kunden insbesondere so reizvoll, weil er anders als bei der Rückabwicklung keinen Nutzungsersatz schuldet, d. h. er kann das mangelhafte Fahrzeug bis zur Ersatzlieferung kostenfrei fahren!
SO
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